Geschrieben am: 13. Mai 2022 | Zuletzt aktualisiert: 27. August 2022 | Lesezeit: ca. 8 Min.
Häufig fällt im Zusammenhang mit SEO der Begriff Entität. Doch was genau ist damit gemeint und welche Auswirkungen haben sie auf die Suchmaschinenoptimierung?
Fakt ist: Entitäten spielen für Google eine große Rolle und haben das Potenzial, das klassische Keyword zu ersetzen. Deshalb ist es nie zu früh, sich mit dem Thema Entitäten zu beschäftigen.
Was ist eine Entität?
Die definition einer Entität ist gar nicht so einfach und vielleicht müssen wir in Bezug auf SEO mit dem Begriff etwas weniger dogmatisch umgehen.
Wikipedia beschreibt den Begriff Entität folgendermaßen:
Zum einen bezeichnet er etwas, das existiert, ein Seiendes, einen konkreten oder abstrakten Gegenstand. In diesem Sinn wird der Begriff der Entität in der Regel als Sammelbegriff verwendet, um so unterschiedliche Gegenstände wie Dinge, Eigenschaften, Relationen, Sachverhalte oder Ereignisse auf einmal anzusprechen. Dies ist die im zeitgenössischen Sprachgebrauch gängige Verwendung.
Googles Definition einer Entität lautet wie folgt:
A thing or concept that is singular, unique, well-defined, and distinguishable.
Zusammengefasst können wir festhalten, dass es sich um ein einzigartiges „Ding“ oder „Konzept“ handeln muss.
Einfacher wird es, wenn wir den Begriff Entität als einen Eintrag in einer (Wissens-) Datenbank betrachten. Beispielsweise Wikipedia oder dem Google Knowledge Graphen. Auch in Datenbanken geht es um die Einzigartigkeit von Einträgen.
Mit dem Knowledge Graph verfügt Google über eine gigantische Wissensdatenbank, die gefüllt ist mit Entitäten. Das Besondere am Knowledge Graphen ist, dass nicht nur Entitäten, sondern auch ihre Attribute und Beziehungen zu anderen Entitäten enthalten sind.
Diese Attribute und Beziehungen sind es, die Entitäten so wertvoll machen. Durch sie werden mehrdeutige Begriffe einzigartig.

Vereinfachte Darstellung von Entitäten
Das Homonym Duplo beispielsweise kann sowohl eine Süßigkeit als auch ein Spielzeug sein. Beide haben aber unterschiedliche Eigenschaften:
Duplo (Spielzeug) | Duplo (Süßigkeit) | |
---|---|---|
Hersteller: | Lego | Ferrero |
Auf dem Markt seit: | 1969 | 1964 |
Produktart | Lebensmittel | Spielzeug |
Schon mit wenigen Attributen für einen Begriff wird das Prinzip deutlich: die Eigenschaften eines Begriffs machen ihn einzigartig.
Umgekehrt funktioniert das wie beim Gesellschaftsspiel Tabu: Ein gesuchter Begriff kann so lange anhand seiner Eigenschaften beschrieben werden, bis klar ist, welcher Begriff gemeint ist.

Die Entität München lässt sich anhand ihrer Eigenschaften identifizieren
Der Begriff selbst spielt dabei gar keine große Rolle. Im Knowledge Graphen speichert Google Entitäten in Form einer ID. Für Duplo (das Spielzeug) verwendet Google die ID kg:/m/03vxc_.
Das sorgt nicht nur für Einzigartigkeit, sondern macht die Einträge auch sprachunabhängig.
Doch nicht nur bei Homonymen ist dieses Prinzip sinnvoll. Auch bei Synonymen können Entitäten nützlich sein. So kann für unterschiedliche synonyme Begriffe auf dieselbe Entität zurückgegriffen werden.
Das zeigt sich auch im Knowledge Panel in der Google Suche. Hier wird für den Begriff Geldschein derselbe Eintrag aus dem Knowledge Graphen angezeigt wie für den Suchbegriff Banknote:

Google Suche nach “Geldschein”

Google Suche nach “Banknote”
Benannte Entitäten und Konzepte
Wie schon angedeutet, gibt es bei der Definition von Entitäten die Unterscheidung von „Dingen“ und „Konzepten“.
Benannte Entitäten (Named Entities) lassen sich recht präzise bestimmen. Denn es handelt sich stets um eindeutig identifizierbare Objekte wie Firmen, Orte oder Personen.

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Konzepte hingegen sind schwieriger zu identifizieren. Hierbei handelt es sich um abstrakte Dinge wie Zustände, eine Idee oder Theorie. Entscheidend dabei ist, dass es einzigartig sein muss. Die Einzigartigkeit entsteht dabei nicht über den Namen der Entität, sondern über die Eigenschaften (siehe das Duplo-Beispiel).
Wie erkennt Google Entitäten?
Die Unterscheidung zwischen benannten Entitäten und Konzepten ist für die Erkennung von Entitäten entscheidend. Named Entities können relativ einfach in Form von strukturierten und semistrukturierten Daten erkannt werden.
Strukturierte Daten
Das einfachste Mittel, um Entitäten zu identifizieren, sind strukturierte Daten. Sie sind maschinenlesbar aufbereitet und können deshalb leicht von Google verarbeitet werden. Wenn du also auf deiner Website strukturierte Daten zu SEO-Zwecken einsetzt, lieferst du Google auch Futter für die Erkennung von Entitäten.
So werden mit den strukturierten Daten viele Attribute geliefert, die Google helfen, eine Entität als solche zu erkennen:
<script type="application/ld+json"> { "@context": "https://schema.org", "@type": "Person", "address": { "@type": "PostalAddress", "addressLocality": "Seattle", "addressRegion": "WA", "postalCode": "98052", "streetAddress": "20341 Whitworth Institute 405 N. Whitworth" }, "colleague": [ "http://www.xyz.edu/students/alicejones.html", "http://www.xyz.edu/students/bobsmith.html" ], "email": "mailto:jane-doe@xyz.edu", "image": "janedoe.jpg", "jobTitle": "Professor", "name": "Jane Doe", "telephone": "(425) 123-4567", "url": "http://www.janedoe.com" } </script>
Semistrukturierte Daten
Hierbei handelt es sich um Daten, die zwar nicht explizit maschinenlesbar aufbereitet sind, aber dennoch einer ausreichenden Strukturierung unterliegen, um von Google problemlos verarbeitet werden zu können.
Bekanntestes Beispiel für eine Website mit semistrukturierten Daten ist die Wikipedia. Hier sind sämtliche Artikel nach demselben Prinzip aufgebaut und strukturiert. So weiß Google, dass es sich bei einer H1 in der Wikipedia stets um eine potenzielle Entität handelt.
Auch die Verlinkungen innerhalb der Wikipedia geben Google wichtige Hinweise über Zusammenhänge und Verbindungen zwischen Entitäten.
Die gute Lesbarkeit ist neben der hohen Glaubwürdigkeit ein Grund, warum Google die Wikipedia häufig im Knowledge Panel anzeigt.
Unstrukturierte Daten
Beim Mining von Entitäten macht Google keineswegs halt bei der Wikipedia und strukturierten Daten. Stattdessen arbeitet Google mit Natural Language Processing (NLP) daran, auch komplett unstrukturierte Daten zur Erkennung verwenden zu können.
Viele Google Updates bzw. Technologien treiben dabei das Thema NLP immer weiter voran:
- Hummingbird: dank dieser neuen Technologie war Google 2014 erstmals in der Lage Zusammenhänge zwischen Wörtern innerhalb einer Suchanfrage zu erkennen
- RankBrain (2015): Durch RankBrain ist Google in der Lage Entitäten aus Suchanfragen zu extrahieren und in den Suchergebnissen zu berücksichtigen. Beispielsweise die Location, damit wird Google auf den Weg gegeben, dass in einer Suchanfrage lokalisierte Suchergebnisse für eine bestimmte Entität (= dem Standort) ausgegeben werden sollen
- BERT (2019): verbesserte semantische Analyse der Suchanfragen
- MUM (2022): weiter verbessertes Verständnis der Suchanfragen. Laut Google 1000-mal leistungsfähiger als BERT und erkennen von Inhalten in Bild, Video und Text
Dank Natural Language Understanding ist Google in der Lage menschliche Sprache zu immer besser zu verstehen. So können Sätze in Subjekt, Objekt und Prädikat zerlegt werden und daraus semantische Informationen über Entitäten gewonnen werden.
Mithilfe der Natural Language API demo lässt sich schön sehen, wie Google in der Lage ist Sätze in ihre Bestandteile zu zerlegen:

Syntaxerkennung in der Google Natural Language API
In diesem Beispiel erkennt Google die Entitäten Frauenkirche und München anhand der Satzstruktur:

Entitätenerkennung in der Google Natural Language API
Anhand des Salience Score ist Google auch in der Lage zu sehen, wie bedeutend ein Begriff innerhalb eines Satzes ist. Entsprechend kann eine Entität stärker gegenüber anderen innerhalb eines Satzes gewichtet werden.
Gemäß dem Patent “Ranking search results based on entity metrics” kann Google lernen, wenn Entitäten miteinander verbunden sind. Werden zwei Entitäten häufig zusammen genannt, weiß Google, dass hier ein Zusammenhang besteht. Wie im Beispiel Frauenkirche und München schön zu sehen ist.
Mit MUM ist Google in der Lage, Inhalte nicht nur aus Text sondern auch aus Audio, Video und Bildern mit einer einzigen Technologie zu extrahieren, was vorher nur mit getrennten Anwendungen möglich war:
- Humming: Google erkennt Songs anhand der gesummten Melodie
- Lens: Google erkennt Objekte aus Fotos
- Multisearch: Google kombiniert Inhalte aus Fotos mit lokalen Suchergebnissen
Das alles funktioniert nur, wenn Google das gehörte (Humming) und gesehene (Lens) mit Entitäten in Verbindung bringen kann.
Auf der Google I/O ‘22 wurde mit *scene exploration* eine weitere Technologie vorgestellt, die auf Entitäten basiert: Inhalte von Fotos können mit Informationen aus dem Knowledge Graphen kombiniert und gesucht werden.
Als Beispiel wurde ein Regal mit Schokoladenprodukten Fotografiert. Diese Produkte wurden mit Informationen aus dem Knowledge Graphen abgeglichen. So war es dem User möglich sich auf dem Foto nur die Produkte anzeigen zu lassen, die keine Nüsse enthalten, aus dunkler Schokolade bestehen und gute Bewertungen haben:
Datenschutzhinweis zum Abspielen von Youtube-Videos.
Google muss hier nicht mal mehr Milliarden von Websiten durchsuchen, sondern kann direkt die Informationen aus dem Knowledge Graphen ziehen.
Damit muss die Frage “Was ist eine Entität” noch weiter gedacht werden. So müssen Eigenschaften von Entitäten nicht zwangsläufig in Textform vorliegen, sondern können auch Formen und auditive Elemente sein.
Der Einsatz von Entitäten geht also weit über den textlichen Einsatz hinaus.
Was Entitäten für die Suchmaschinenoptimierung bedeuten
Die Möglichkeiten der Google-Suche bewegen sich immer weiter weg von Keywords, die in einen Suchschlitz eingegeben werden. Die List an Google Produkte, die ohne geschriebene Suchanfragen funktionieren wird immer länger:
- Discover
- Lens
- Humming
- Sprachsuche
All diese Produkte greifen auf Entitäten zurück. Wenn auch auf unterschiedliche Weise:
- Discover nutzt Entitäten, um vertrauenswürdige Publisher und Zusammenhänge zwischen Themen zu erkennen
- Lens nutzt den Knowledge Graphen, um die Texterkennung zu validieren (Quelle)
- Die Darstellung der Songs in Google Humming deutet auch auf Input aus dem Knowledge Graphen hin
- In der Sprachsuche werden häufig Fragen an Google gestellt, die Google direkt in Form einer Knowledge Card aus dem KG beantworten kann
Der Anteil an Suchen, bei denen Google auf Entitäten angewiesen ist nimmt also zu. Um darauf zu reagieren sollten SEOs eine Strategie entwickeln, die der semantischen Suche gerecht werden:
- Identifikation der Entitäten, die für die eigene Website relevant sind. Diese sollten mit Content behandelt und miteinander Verlinkt werden, damit Google die Zusammenhänge erkennt. Idealerweise wird die Website selbst wie ein Knowledge Graph aufgebaut.
- Nutze Tools wie die Natural Language API demo, um ein Gefühl zu bekommen, wie Google Entitäten aus Texten extrahiert.
- Schreibe klar und Präzise, damit eine KI in der Lage ist deine Inhalte zu verstehen.
- Denke weniger in Keywords, sondern in Themen und Zusammenhängen
- Setze den User Intent an die erste stelle. Es gibt viele unterschiedliche Wege denselben Intent als Suchanfrage zu formulieren. Nutze deine Search Console Daten um (z. B. mit einer N-Gramm-Analyse) zu identifizieren, was die User von deiner Website erwarten.
Weiterführende Links
- An Introduction To Entities And SEO (Oncrawl 🇬🇧)
- What Are Entities & Why They Matter for SEO (Search Engine Journal 🇬🇧)