Geschrieben am: 26. August 2022 | Zuletzt aktualisiert: 27. August 2022 | Lesezeit: ca. 9 Min.
Wenn du dich fragst, woher Google weiß, wie viele Plätze die Allianz-Arena hat und wie alt unser Bundeskanzler ist, dann folge mir in die Welt der Semantik in der Suchmaschinenoptimierung.
InhaltsverzeichnisWir schreiben das Jahr 2022, die Corona Pandemie geht in ihr drittes Jahr. Trotzdem dürfen wieder mehr und mehr Menschen in die Fußballstadien. Wie viele genau? Google sagt es dir:

Suchanfrage “Wie viele Zuschauer dürfen in die Allianz-Arena” bei Google im April 2022
Beeindruckend, wie präzise Google den Inhalt, der für die Antwort auf die Suchanfrage relevant ist, auf der Seite erkennt und ausliefert.
Noch beeindruckender ist jedoch, wie Google auf einzelne Begriffe in der Suchanfrage reagiert.
Die Frage nach „Wie viele Zuschauer passen in die Allianz-Arena?“ ergibt ein völlig anderes Suchergebnis:

Suchanfrage “Wie viele Zuschauer passen in die Allianz-Arena” bei Google im April 2022
Google kennt also den Unterschied zwischen passen und dürfen. Damit sind wir schon mitten im Thema der semantischen Suchmaschinenoptimierung.
Was bedeutet überhaupt „Semantik“?
Semantik ist die Bezeichnung für die Bedeutung von Zeichen. Durch Semantik werden aus einzelnen Wörtern (Termen) Sätze mit Bedeutung.
Um beim Beispiel der Allianz-Arena zu bleiben: die Wörter dürfen und passen verändern die Semantik der Suchanfrage so stark, dass Google unterschiedliche Suchergebnisse ausspielt. Wie das genau funktioniert, erfährst du im Laufe des Artikels.
Wie die Semantik in die Suchmaschinenoptimierung kam
Zur Erinnerung: Googles Ziel ist es, die Intention, die sich hinter einer Suchanfrage verbirgt, zu identifizieren und dazu passende Suchergebnisse zu liefern. Dafür muss Google lernen, die Bedeutung hinter einer Anfrage zu erkennen und diese den Inhalten von Webseiten zuzuordnen. Hier kommt die Semantik ins Spiel.
Wie Google Semantik in der Suche nutzt, kann (grob) in zwei Teilbereiche geteilt werden:
- Die Interpretation der Suchanfrage: Was genau will ein Nutzer eigentlich von Google wissen?
- Der Index: in welcher Beziehung stehen einzelne Entitäten zueinander?
Googles Fokus auf der Interpretation der Suchanfrage
Im Jahr 2013 hat Google mit dem Hummingbird Update einen großen Schritt in Richtung semantischer Suche gemacht. Dank Hummingbird war Google erstmals in der Lage Zusammenhänge zwischen den Wörtern innerhalb einer Suchanfrage zu erkennen.
Dieses Update war so gravierend, dass es sich laut Google auf ca. 90% aller Suchanfragen ausgewirkt hat.
Diese Fähigkeit wurde und wird in weiteren Updates immer weiter ausgebaut:
- RankBrain (2015): Einzug von Künstlicher Intelligenz in die Interpretation von Suchanfragen
- BERT (2019): verbesserte semantische Analyse der Suchanfragen
- MUM (2022): weiter verbessertes Verständnis der Suchanfragen. Laut Google 1000-mal leistungsfähiger als BERT.
Der Index und der Knowledge Graph
Mit dem Hummingbird Update hat Google seinen klassischen Suchindex um den Knowledge Graph erweitert.
Der Knowledge Graph funktioniert wie eine dreidimensionale Wissensdatenbank, die einzelne Einträge (Entitäten) enthält. Doch damit nicht genug: Dieser Graph kann die Beziehungen zwischen Entitäten in Form von Kanten abbilden. Zusätzlich enthält der Knowledge Graph Attribute einzelner Entitäten:

Vereinfachte Darstellung von Entitäten
Wir alle kennen die Darstellung in den Suchergebnissen, wenn rechts neben den Anzeigen und den organischen Treffern das sogenannte Knowlegde Panel angezeigt wird. Diese Inhalte kommen aus dem Knowledge Graphen:

Das Knowledge Panel in den Suchergebnissen
Die Entität “Olaf Scholz” enthält also u.a. als Attribute: Geburtsdatum, Größe, Ehepartnerin, Ausbildung uvm.
Diese Informationen in Kombination mit der semantischen Interpretation der Suchanfragen ermöglicht Antworten auf Fragen wie:

Suchanfrage “Wie alt ist Olaf Scholz?”
Wie kommt Google an semantische Informationen?
Auch hier sollten wir wieder unterscheiden zwischen der Verarbeitung der Suchanfrage und dem Index bzw. Knowledge Graphen.
Um den Kontext einer Suchanfrage zu ermitteln setzt Google spätestens seit der Einführung von BERT (Bidirectional Encoder Representations from Transformers) auf Natural Language Processing (NLP). In diesem Zusammenhang hat Google damit begonnen, Stoppwörter in Suchanfragen stärker zu berücksichtigen, da diese die Semantik einer Anfrage extrem beeinflussen:
Wie viele Zuschauer dürfen in die Allianz-Arena?
Vs.
Wie viele Zuschauer dürfen in die Allianz-Arena?
Damit war die Ära, in der Google Wörter einzeln betrachtet hat, zu Ende. Das macht sich vor allem im Longtail, wo eine Suchanfrage aus mehreren Wörtern viel Kontext an Google übermittelt, bemerkbar. Auch hilft es Google, noch unbekannte Suchanfragen, zu denen es keine historischen Daten gibt, besser zu interpretieren. Laut Google sind ca. 15 % aller Suchanfragen noch nie vorher gestellt worden.
Entitäten erkennen dank „Triples“
Google nutzt dabei den Aufbau der menschlichen Sprache, um durch sogenannte Triples (Subjekt, Objekt, Prädikat) Zusammenhänge zu erkennen und Entitäten zu identifizieren und zu klassifizieren.
Besonders deutlich wird das bei Begriffen, die nicht eindeutig sind. Beispiel „Bank“:

Google NLP für den Satz: “Ich arbeite in einer Bank”
Die NLP API von Google erkennt anhand der Formulierung „Ich arbeite“ eindeutig, dass es sich bei der Entität um eine Organisation handelt.
Der Satz „Ich sitze auf einer Bank“ sorgt dafür, dass Google die Bank als Location (ein Ort zum Sitzen) erkennt.

Google NLP API für “Ich sitze auf einer Bank”
Der Kontext, in den eine Entität in einem Text gesetzt wird, hat also maßgeblich Einfluss darauf, wie sie von Google klassifiziert wird.

Beispiel für Neural Matching: Synonymerkennung
Dabei gleicht der Neural Matching Algorithmus bestimmte Suchanfragen mit den Inhalten von Webseiten ab. In solche Fällen kann Google auch Seiten ranken, auf denen das gesuchte Keyword nicht 1:1 vorkommt.

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Für die Suchmaschinenoptimierung können wir daraus ableiten, dass es nicht nötig ist, jedes Keyword, für das wir gefunden werden wollen, im Content der Website abzubilden, sondern sicherzustellen, dass Google den Inhalt wirklich verstehen kann:
- Komme beim Schreiben schnell auf den Punkt
- Arbeite mit Fakten und klarer Sprache
- Verwende einfache Sätze (Triples)
- Optimiere deine Syntax, um deinen Lesern bessere und klarere Antworten zu geben
Damit erleichterst du nicht nur Google das Auffinden von Entitäten auf deiner Website, sondern erhöhst auch die Chancen, als Featured Snippet ausgespielt zu werden.
Die Rolle des Sailence Score
Entitäten werden von Google nicht nur erkannt und klassifiziert, sondern auch gewichtet. Dazu nutzt Google den sogenannten Salience Score.
Der Salience Score ist ein Wert, der anhand von NLP ermittelt, wie “hervorstechend” ein Begriff in einem bestimmten Text ist.
Der Salience Score wird immer relativ für jeden Text einzeln gemessen und hat eine Ausprägung von 0 bis 1. Der Score soll dabei einschätzen, wie wichtig ein menschlicher Leser die einzelnen Entitäten in einem Text einschätzen würde.
Beeinflusst werden kann der Score beispielsweise durch die Position einer Entität im Satz. Eine Entität, die sich am Anfang des Satzes befindet, wird in der Regel stärker gewichtet als eine, die am Ende steht.
So kann die Formulierung eines Satzes den Salience Score massiv beeinflussen:

Salience Score für einen aktiv formulierten Satz
Vs.

Salience Score für einen passiv formulierten Satz
Die Sätze
- Facebook hat Instagram gekauft
- Instagram wurde von Facebook gekauft
unterscheiden sich inhaltlich nicht, der Salience Score ist in beiden Fällen jedoch unterschiedlich verteilt.
Das bedeutet nicht, dass Google diese Logik 1:1 für die Gewichtung der Begriffe oder überhaupt für die Rankings heranzieht. Es kann aber dennoch sinnvoll sein, in einem Text über Facebook die aktive Formulierung „Facebook hat Instagram gekauft“ zu verwenden und in einem Beitrag über Instagram das passive „Instagram wurde von Facebook gekauft“.
So nutzt du Semantik & Entitäten für deine SEO
Wir wissen nun um die Bedeutung von Semantik und Entitäten für Suchmaschinen. Mit ein paar Tricks kannst du deine SEO Strategie für die semantische Suche anpassen:
Kenne die relevanten Entitäten
Zunächst solltest du sicherstellen, dass dein Unternehmen von Google als Entität erkannt wird. Dabei hilft ein Wikipedia Eintrag, aber auch die Verwendung von strukturierten Daten auf deiner Website.
Um weitere Entitäten zu identifizieren, die für deine Branche relevant sind, kannst du die Google Suche nutzen:
- Welche Entitäten tauchen im Bereich „Verwandte Suchanfragen“ auf?
- Named Entity Recognition (NER): Welche Entitäten zeigt die Natural Language API demo von Google für einen Text an?
- Welche Fragen werden in der Box „Ähnliche Fragen“ gestellt und welche Entitäten kommen darin vor?
- Welche Keywords zeigt dein Tool zur Keyword-Recherche unter „Related Keywords“ an?
- Welche Entitäten werden in der Google Bildersuche zu einem bestimmten Thema angezeigt?

Verwandte Entitäten in der Google Bildersuche
Nutze die Daten der Search Console
Schaue nicht nur auf die Keywords, die besonders häufig gesucht werden, sondern mach es wie Google: versuche häufige Keyword-Kombinationen zu entdecken, um Zusammenhänge in den Suchanfragen zu erkennen.
Hier kann eine N-Gramm Analyse spannende Einblicke geben.
Clustere Keywords und baue deinen eigenen Knowledge Graph
Aufwändig, aber wichtig: clustere deine Keywords nach Search Intent und Thema. Nutze dazu nicht nur Excel, sondern erstelle mit einem Mindmapping Tool eine Topical Map deiner Website, um die Zusammenhänge zwischen den Themen aus deiner Keyword-Recherche zu veranschaulichen, mit dem Ziel eine Website zu erstellen, die die Beziehungen zwischen Entitäten darstellt:

Beispiel für eine Topical Map für das Thema SEO
Content Erstellung
Keyworddichte war gestern. Aber auch für semantische Suchmaschinen gibt es ein paar Tipps für die Optimierung der Inhalte:
- Verwende Synonyme, um möglichst viele User mit demselben Intent anzusprechen
- Achte auf eine gute Lesbarkeit: kurze und präzise Sätze sind für Mensch und Maschine einfacher zu verstehen als lange Schachtelsätze.
- Der Satzbau sollte so einfach wie möglich sein. Denke dabei in Trippeln (Subjekt, Objekt, Prädikat).
- Formuliere abwechslungsreich, um möglichst viel Kontext an die Suchmaschine zu geben
- Mache an den wichtigen Stellen im Inhalt klar, welchen Intent dein Inhalt bedient
- Vermeide die Verwässerung deiner Inhalte, um es Google leicht zu machen, den Entitäten ihre Bedeutung zuzuweisen.
Fazit
Das Thema semantische Suche ist ebenso spannend wie umfangreich. Ich hoffe, ich konnte dir einige Aspekte davon näher bringen. Die letzten Updates von Google in den Jahren 2021 und 2022 zeigen, dass das Thema auch in Zukunft immer wichtiger werden wird.